Was ist so schwer daran eine Geige mit herausragendem Klang zu bauen? Warum kopiert man nicht einfach eines der alten Meisterwerke? Oder gibt es doch irgendein Geheimnis?
Nahezu jedes Detail der Geige beeinflusst den Klang, die wichtigsten Zutaten aber sind: gutes Holz, kombiniert mit der passenden Wölbung, diese wiederum kombiniert mit der passenden Dicke.
Für alle die wissen möchten, wie genau guter Geigenklang entsteht, haben wir das Buch "Geheimnisse aus der Geigenbauwerkstatt" geschrieben. Im folgenden eine kurze Zusammenfassung:
Sehen Sie sich Ihre Geige einmal genau an:
Betrachten Sie die Decke Ihrer Geige: Vom Rand aus gesehen fällt die Wölbung zunächst wie eine Hutkrempe in ein kleines Tal, genannt Hohlkehle. Nach ca. ein bis drei cm steigt die Wölbung wieder an bis zur Mitte. Betrachten Sie den Anstieg der Wölbung: Steigt sie von der Hohlkehle aus kugelförmig an, wirkt wie aufgeblasen und mündet in einem Plateau? Oder gleicht die Wölbung eher einem Dach mit abgerundeter Spitze, vielleicht sogar einem durch-hängenden Dach? Vergleichen Sie auch die Wölbungsform von Ober-und Unterbügeln mit der Form der Mittelbügel: Ist der Anstieg überall gleich, oder sehen Sie in der Mitte eher die Kugel und oben und unten das Dach? Um ein Gefühl für die Tiefe der Hohlkehle zu bekommen schütten Sie in Gedanken (wirklich nur in Gedanken!!) etwas Wasser auf Ihre Geigendecke. Wie breit und tief wäre der Wassergraben?
Zum Holz: Die Jahresringe der Decke sollten etwa einen mm auseinander liegen. Sind die Abstände überall gleich oder werden sie zur Mitte hin enger und zum Rand hin weiter?
Schauen Sie sich die Geige nun vom Endknopf her an: Stehen die Jahresringe von hier betrachtet senkrecht, oder leicht schräg?
Was Sie wissen müssen:
Eine Geige muss leicht und flexibel sein, um zu schwingen. Gleichzeitig darf sie sich aber unter dem enormen Saitendruck nicht verbiegen. Stark und flexibel ist also gefragt.
Holz und Wölbung sorgen für Flexibilität:
-je weiter und tiefer die Hohlkehle
-je durch-hängender der Wölbungsanstieg
-je geringer die Deckenstärke
-je schräger die Jahresringe
-je größer der Abstand der Jahresringe
Folglich geben Stabilität:
- eine enge, flache Hohlkehle
-ein ballonartiger Wölbungsanstieg
-eng und senkrecht stehende Jahresringe
-dicke Deckenstärke
Beim fertigen Instrument nicht mehr zu sehen aber auch sehr wichtig ist der Faserverlauf des Holzes. Wenn Sie einen Holzkeil mit der Axt spalten, können Sie den Faserverlauf genau beobachten: Mal entstehen fast flache Flächen, mal ist das Holz drehwüchsig. Je ebenmäsiger der Faserverlauf, umso stabiler ist das Holz. Beim fertigen Instrument auch nicht mehr feststellbar: Das spezifische Gewicht des Holzes.
In der Kombination der verschiedenen Elemente liegt das "Geheimnis" des gutes Klangs.
Fazit: Den Faserverlauf und das spezifische Gewicht des Originals kenne ich nicht, außerdem ist mein Holz anders gewachsen. Die zahlreichen exakten Kopien alter
italienischer Geigen sind also von vornherein zum Scheitern verurteilt! Als Vorbild für unserer Instrumente dienen zwar immer noch die alten Italiener. Aber schon im Bereich der Hohlkehle passen
wir das Original den Gegebenheiten an. Ist das Holz in diesem Bereich enger gewachsen, muss dort mehr Flexibilität eingebaut werden, etwa durch eine breitere Hohlkehle.
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